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Fermat und Thorsten

„Thorsten, kommst Du zum Essen? Thorsten kommst Du?“, rief Anke so laut sie konnte die Treppe hinauf, in der Hoffnung, dass ihr Mann dies hörte. Es war Ostersonntag und Anke hatte sich ganz große Mühe gegeben, ein besonderes Essen zu kochen. Seit vier Stunden war sie damit beschäftigt. Es gab Lammkeule, die sie mit niedrigen Temperaturen schmorte, dazu Orzo mit Dill und Fetakäse überbacken und Endiviensalat als Beilage. Zuvor war weiße Tomatensuppe geplant, der sie die Farbstoffe entzogen hatte, die sie anschließend wieder verwendete, um die Birnen für den Nachtisch rot zu färben. Sie hatte österlich mit ihrem bunten Keramikservice, bunten Tulpen und grünen Servietten gedeckt. Anke befüllte die Suppentassen, tranchierte das Fleisch und richtete auch die anderen Speisen an. Dann rief sie noch einmal nach ihrem Mann. Doch Thorsten kam nicht. Wie immer. Anke wurde zornig, denn sie war enttäuscht, dass er ihre Mühe nicht würdigte und sich in seinem Zimmer vergrub. „Wie immer“, dachte sie erneut. Dann nahm sie die Suppentassen und kippte deren Inhalt in die Spüle. Dann warf sie den Braten in die Mülltonne, so auch all die restlichen anderen Speisen. Ihr war der Appetit vergangen. Sie räumte ganz ruhig wieder auf und dann ließ sie sich auf dem Sofa nieder und starrte zum Fenster hinaus. „Thorsten war schon immer so. Ich hätte ihn nie heiraten dürfen. Ich wusste doch schon immer wie er war“, überlegte sie sich. Anke und Thorsten hatten sich in der Uni kennengelernt. Sie bewunderte ihn, denn er war klug, sehr belesen, interessant und ungeheuerlich aktiv. Er organisierte eine Gruppe von Studenten, die sich für mehr ethisches Bewusstsein in Forschung und Wissenschaft einsetzte. Man wollte politisch etwas verändern. Es sollte nie wieder passieren, dass man als Physiker den Bau von Atomwaffen vorantrieb, als Chemiker Giftgaswaffen entwickelte oder als Mathematiker seine Erkenntnisse in den Dienst von Kriegen oder anderen menschenrechtsverletzenden Handlungen stellte. Sie waren im harten Kern fünf, im erweiterten Kreis in etwa zehn und sie nannten sich abgekürzt die „Ethikkommission“. In einer der Veranstaltungen, die die Ethikkommission organisierte und die immer gut besucht waren, saß auch Anke als sie Thorsten zum ersten Mal sah. Lang und schlaksig saß er vorne auf dem Podium und ergriff häufig das Wort. „Wir müssen umdenken, wir müssen Verantwortung übernehmen. Gerade wir Mathematiker. Wir sind diejenigen, die als Hüter der Königin aller Wissenschaften die Grundlagen für jegliche weiteren Erkenntnisse legen.“

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